Der Hausärzteverband Westfalen-Lippe diskutierte beim berufspolitischen Frühstück mit Vertreterinnen und Vertretern aus Gesundheitswesen, Politik, Kreisen, Kommunen und Hochschulen über Versorgungsstrukturen der Zukunft. Auch Landrat Löhr war dabei.
Hausärzteverband Westfalen-Lippe e.V
32,5 Prozent aller Hausärztinnen und Hausärzte in Westfalen-Lippe sind über 65 Jahre alt und damit kurz vor dem Ruhestand. Die Nachfolgersuche wird immer schwieriger – weil weniger Ärztinnen und Ärzte nachrücken und es diese verstärkt in Teilzeit- und Anstellungsverhältnisse statt in die Niederlassung zieht.
Gleichzeitig stehen ambulanter und stationärer Sektor in Konkurrenz beim Kampf um personelle und finanzielle Ressourcen. Wie lässt sich vor diesem Hintergrund die medizinische Versorgung der Menschen in Zukunft sicherstellen?
Diese Frage stand im Zentrum des berufspolitischen Frühstücks, zu dem der Hausärzteverband Westfalen-Lippe am Dienstag, 15. August Vertreterinnen und Vertreter aus Gesundheitswesen, Politik, Kreisen, Kommunen und Universitäten der Region eingeladen hatte.
Ärzte frustriert
„Die Ist-Situation ist frustrierend: Die Hausarztpraxen sind mit einer unausgereiften Digitalisierung konfrontiert, die mehr Probleme als Nutzen und Entlastung bringt. Sie leiden unter explodierenden Kosten, ohne dass diese durch angemessene Erhöhung der Vergütung abgefedert würden, und unter einer fehlenden Wertschätzung seitens der Politik“, fasste Anke Richter-Scheer die angespannte Lage in der hausärztlichen Versorgung zusammen. „Aktuell konzentrieren sich die Bemühungen der Politik sehr einseitig auf die Stärkung der Krankenhäuser. Das ist zermürbend für die Kolleginnen und Kollegen an der Basis. Man darf hier die ambulante Versorgung nicht außen vorlassen. Und man muss uns Hausärzte bei der Erarbeitung von Lösungskonzepten beteiligen! Wir haben Ideen – die muss man aber auch hören wollen.“
„Die Sorge vor wegbrechender ärztlicher und pflegerischer Versorgung ist uns allen gemeinsam“, betonte Dr. Dirk Spelmeyer. „Wir sind mittendrin im Hurrikan!“
Gesundheitskiosk als Baustein im Kreis Unna
Konzepte wie der jüngst erdachte Gesundheitskiosk könnten da nicht das Allheilmittel sein. Als niederschwelliges Beratungsangebot für die Menschen, die sonst keinen Zugang zur medizinischen Versorgung haben, habe der Gesundheitskiosk in manchen Regionen zwar seine Berechtigung. Im Kreis Unna etwa sei man froh, auf dieses Angebot seit kurzem zurückgreifen zu können, betonte Landrat Mario Löhr. Aber: „Neue Strukturen bedeuten neue Verwaltung. Und neue Verwaltung bedeutet Kosten“, fasste Hubert Hüppe, MdB, zusammen. „Wir sollten eher die Strukturen verbessern, die es gibt.“
Ein freiwilliges primärärztliches System, wie es im Hausarztprogramm bereits seit Jahren gelebt werde, sei hier ein vielversprechender Ansatz, so Anke Richter-Scheer. „Die Erfahrung zeigt, dass es wirtschaftlicher und zielführender ist. Hier steht die Versorgung im Sinne des Patienten im Mittelpunkt.“
Zusammenarbeit und Austausch soll auch im Nachgang dieses berufspolitischen Frühstücks fortbestehen: „Es ist wichtig, die verschiedenen Akteure an einen Tisch zu holen und im Gespräch zu bleiben. Dafür machen wir uns als Hausärzteverband Westfalen-Lippe stark“, betonte Anke Richter-Scheer. „Schließlich haben wir alle am Ende ein gemeinsames Ziel: die Patientenversorgung dauerhaft zu sichern.“